Allgemein

Brief des PGR „Bornheim – An Rhein und Vorgebirge“ an den Erzbischof

 

Der PGR hat sich im Anschluss an das Seelsorgebereichsforum zum Pastoralen Zukunftsweg am 06.10.2020 ausführlich mit den Umstrukturierungsplänen des Erzbistums Köln zur ‚Pfarrei der Zukunft‘ und zur ‚Zielskizze 2030‘ beschäftigt und einstimmig beschlossen, einen Protestbrief an den Erzbischof zu verfassen. Folgender Brief (aus Datenschutzgründen ohne Absenderadressen und Unterschriften) ist am 07.12.2020 verschickt worden. Am 17.12.2020 hat das Sekretariat des Erzbischofs den Eingang des Schreibens dankend bestätigt und eine Antwort in Aussicht gestellt.

 

 

An den

Erzbischof von Köln

Rainer Maria Kardinal Woelki

Kardinal-Frings-Str. 10

50668 Köln

 

Zur Kenntnisnahme an die

Diözesanstelle für den pastoralen Zukunftsweg im Erzbistum Köln

Marzellenstraße 32

50668 Köln

 

Bornheim, den 07.12.2020

 

Sehr geehrter Herr Erzbischof,

 

Ihren ausdrücklichen Wunsch nach Partizipation und Dezentralisation aufgreifend, fordern wir als Pfarrgemeinderat „Bornheim – An Rhein und Vorgebirge“ in unserer Verantwortung als gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Katholikinnen und Katholiken unseres Seelsorgebereiches Sie hiermit auf, Ihre im Rahmen des Pastoralen Zukunftsweges entwickelten Pläne zur ‚Pfarrei der Zukunft‘ zurückzunehmen.

 

Wir sind in großer Sorge. Ein realistisches Bild von lebendiger Kirche zeigt, dass das kirchliche Leben ‚rund um den Kirchturm‘ stattfindet und nicht per Anordnung zentralisiert werden kann. Die Kirche vor Ort ist der Identifikationspunkt für die einzelnen Christinnen und Christen – und für das Gemeindeleben. Dies nehmen wir an unseren historisch gewachsenen Kirchenstandorten im Vorgebirge und am Rhein sehr deutlich wahr.

 

Wir lehnen Ihre Pläne ab, weil sie in keiner Weise unsere Bedürfnisse und Verhältnisse ernst nehmen. Wir werden nicht dabei zusehen, wie unsere traditionellen historischen Kirchenstandorte im Vorgebirge und das dort blühende Gemeindeleben einfach aufgelöst werden. Denn wir sind durchaus in der Lage, unsere Standorte liturgisch mit Leben zu erfüllen, d.h. im Vorgebirge zum Beispiel sonntägliche Gottesdienstfeiern zu gestalten.

 

Wir warnen eindringlich davor, die noch vorhandenen und durch das große Engagement der Laien getragenen Strukturen gering zu achten und zu gefährden und plädieren deshalb nachdrücklich für die Erhaltung und Stärkung der noch funktionierenden Gemeinden ‚um einen Kirchturm herum‘. Mit Ihren Plänen nehmen Sie in Kauf, dass kirchliches Leben vor Ort austrocknet und verdunstet; dass Kirche keine Identifikationsmöglichkeit mehr bietet und somit im Bewusstsein der Menschen weit weggerückt wird.

 

Die Zielskizze 2030 sagt wenig über den strukturellen Rahmen aus, der auch künftig erforderlich ist. Wir erinnern daran, dass es für ein lebendiges kirchliches Leben vor Ort weiterhin die rechtliche Selbständigkeit der örtlichen, historisch gewachsenen Pfarrei als Körperschaft des öffentlichen Rechts braucht: mit Vermögen und eigenem Haushalt. Nur dann werden sich auch ehrenamtlich Engagierte finden, die für ihre Gemeinde Verantwortung übernehmen wollen. Weiterhin braucht jede Gemeinde eine pastorale Ansprechpartnerin oder einen pastoralen Ansprechpartner vor Ort.

 

Wir wissen alle, dass die Zahl der Gläubigen und der Priester rückläufig ist. In dieser Situation müssen wir alle unsere Kräfte dafür einsetzen, dass die Kirche eben nicht einem vermeintlichen ‚Gesundschrumpfungsprozess‘ ausgesetzt wird, sondern dass sie wahrnehmbar für alle bleibt; als Einladung für jeden einzelnen Mitmenschen, aber auch als bedeutende Stimme in der Gesellschaft. Wir „an Rhein und Vorgebirge“ brauchen dafür keine ohne Rücksicht auf die Engagierten vor Ort durchgesetzte ‚Pfarrei der Zukunft‘ oder ‚Zielskizze 2030‘, sondern sehen uns jetzt schon zur Zukunftsgestaltung in der Lage: partizipativ und dezentral.

 

Mit freundlichem Gruß

 

Ihr Pfarrgemeinderat „Bornheim – An Rhein und Vorgebirge“

 

Emotionen, viele offene Fragen und Kritik zur Möglichkeit der Beteiligung, zur Sache und zum geistlichen Prozess

 

Sehr geehrter Herr Generalvikar Dr. Hofmann,

am 16.09.2020 fand in der mit gut 50 Teilnehmern (unter Corona-Bedingungen) voll besetzten Kirche
St. Maria Königin das Seelsorgebereichsforum für Frechen statt zur Information über die „Pfarrei der Zukunft“. Aus technischen Gründen konnte die geplante Liveschaltung im Anschluss an die Vorführung des Videos nicht erfolgen, sodass wir von der Möglichkeit Gebrauch machen, unsere Stellungnahme schriftlich abzufassen und Ihnen zur Verfügung zu stellen. Nach dem Video fand ein ausführlicher Austausch unter den Teilnehmern statt, wobei sich einerseits eine große Betroffenheit abzeichnete, aber auch schon kritische Fragen zur Sache gestellt wurden, die der Moderator vor Ort nicht beantworten konnte. Wegen der Bedeutung der Angelegenheit hat der Pfarrgemeinderat kurzfristig für den 24.09.2020 zu einer außerordentlichen Sitzung mit seinen Ortsausschüssen und Vertretern der Kirchenvorstände eingeladen. Im Rahmen dieser Sitzung wurden die Reaktionen auf das Seelsorgebereichsforum vorgestellt, die entweder mündlich während der Veranstaltung, schriftlich am Ende des Forums und sowohl schriftlich als auch mündlich in den Tagen danach geäußert wurden. Im Wesentlichen lassen sich diese Rückmeldungen in 4 Gruppen einordnen, die insgesamt zu dem Votum unseres Seelsorgebereichs führen, dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt das von Ihnen vorgestellte Modell einer Pfarrei der Zukunft nicht gut heißen können und eine Überarbeitung des Konzepts in mehrfacher Hinsicht für dringend erforderlich halten.

I. Die in den Rückmeldungen geäußerten Emotionen

Wir sind uns im Klaren, dass Emotionen keine Argumente darstellen oder ersetzen können. Gleichwohl können sie nicht übergangen werden, wenn sie maßgeblicher Teil einer Basis sind, auf der Entscheidungen über die weitere Mitarbeit oder das Ausmaß eines ehrenamtlichen Engagements getroffen werden. Jede Rückmeldung enthielt auch einen emotionalen Aspekt. Es wurden Sprachlosigkeit, Enttäuschung, Frust, Ärger und Wut geäußert. Es fielen Worte wie „Katastrophe“ und „düstere Perspektiven“. Wir zitieren aus einigen E-Mails:

          Ich bin einfach nur erschlagen und entsetzt.

          Ich bin sehr enttäuscht und frustriert.

          Ich werde mir eine anderweitige Orientierung für das Ehrenamt suchen.

          Ich fühle mich ausgenutzt und bin empört, wie selbstverständlich hier über mich verfügt wird.

          Die Ehrenamtler werden gebraucht, aber nur da, wo es „passt“.

II. Verständnisfragen

Bedauerlicherweise hat das Video nicht für die Klarheit gesorgt, die nach der Lektüre der Begleitpräsentationen und dem Betrachten der völlig chaotischen Zielskizze wünschenswert gewesen wäre. Ganz abgesehen davon, dass sogar langjährige ehrenamtliche MitarbeiterInnen, die sich „eigentlich“ auskennen könnten, die Texte teilweise auch nach mehrfachem Lesen nicht verstanden haben, bleiben nach unserer Meinung wichtige Fragen völlig unklar:

          Wer bestimmt, welche Kirche Pfarrkirche wird?

          Wer bestimmt, in welchen Kirchen Eucharistie gefeiert wird?

          Wer bestimmt, wie das Geld in der Pfarrei verteilt wird?

… und wie viel für was?

          Wer genau kümmert sich um die Finanzen?

… auf der Ebene der Pfarrei

… auf der Ebene der Gemeinden?

          Gibt es einen Kirchenvorstand? Was genau werden dessen Aufgaben sein?

          Gibt es einen Pfarrgemeinderat? Wenn ja, auf welcher Ebene und in welchem Verhältnis steht er zu Pastoralteam (mit getauften und gefirmten Ehrenamtlern) einerseits und den Teams von Verantwortlichen andererseits? Wie viele zusätzliche Sitzungen und Treffen müssen alleine nur dafür stattfinden, um die ganzen Ebenen miteinander zu koordinieren?

          Was geschieht mit den derzeitigen Leitenden Pfarrern, die für die Leitung der 50 – 60 Pfarreien nicht (mehr) in Betracht kommen?

          Was heißt genau „verschlankte Verwaltung“ (ein Begriff aus dem Zielbild)? – Müssen die Leitenden Pfarrer in der Pfarrei der Zukunft sich wieder mit Verwaltungsaufgaben beschäftigen, die derzeit von angestellten Verwaltungsleitern sehr gut erledigt werden? Falls ja, was wird dann aus diesen angestellten Verwaltungsleitern?

          Ein Hauptargument für die Komprimierung auf 50 – 60 Pfarreien lautet, dass die Leitenden Pfarrer von Verwaltungsaufgaben durch deren Vereinfachung entlastet werden sollen und so mit dem Pastoralteam mehr Zeit für die Seelsorge haben. Dass mit der Verringerung der Anzahl der Pfarreien das zu betreuende Gebiet mit allem, was dazu gehört (Personal, Kindergärten etc.) größer wird und die Pfarreien dann vom Verwaltungsaufwand her mittelständischen Unternehmen ähnlich werden, ist ein Aspekt, der nach dem Eindruck der Teilnehmer noch gar nicht klar genug gesehen worden ist, weshalb dieses Argument überhaupt nicht nachvollziehbar ist.

          Im Video werden 4 Kriterien genannt, die eine Gemeinde ausmachen. Dort heißt es wörtlich: „Regelmäßig wollen wir miteinander schauen, ob diese Kriterien erfüllt werden …“ – Wer genau ist „wir“ und wer entscheidet über welche Konsequenzen, wenn diese Kriterien nicht (mehr) erfüllt sind?

          Nach dem Konzept der Pfarrei der Zukunft ist die Feier der Eucharistie „integraler Bestandteil unseres Christseins und deshalb auch unseres Gemeinde-Seins“. Im gleichen Zusammenhang heißt es auch: „Wir werden Gemeinden haben, wo wir nicht mehr regelmäßig die Eucharistie feiern“ – Damit entfällt ein wesentliches Kriterium für die Gemeindeeigenschaft. Wird diese Gemeinde dann aufgelöst?

          Was genau bedeutet „verlässliche, nachhaltige Personalentwicklung“? Wer bestimmt, wer welche Aus- und/oder Fortbildung benötigt? Wer finanziert das und vor allem, wie soll das geleistet werden, insbesondere, wenn es ehrenamtliche MitarbeiterInnen betrifft?

III. Kritische Fragen zur Sache und zum Beteiligungsprozess

Der dritte Komplex an Rückmeldungen und Fragen lässt sich auch unter die Frage stellen: Wie gehen wir miteinander um?

          Warum wurden die Leitenden Pfarrer nicht in die Überlegungen mit einbezogen, die doch am Ehesten eigene Erfahrungen aus der Realität der Gemeinden einbringen können?

          Warum werden keine Wort-Gottes-Feiern am Sonntag zugelassen, die in anderen Bistümern schon lange praktiziert werden?

          Was wird aus dem, was sich in den letzten Jahren an Positivem in den Gemeinden entwickelt hat? – der aktuelle Strukturplan geht mit keinem Wort auf das ein, was bisher geleistet wurde und wird und zeigt damit keinerlei Wertschätzung gegenüber den Ehrenamtlern. Es war fast übereinstimmend der Eindruck vorhanden, dass erst die Pfarrei der Zukunft das wahre Gemeindesein und Christsein mit sich bringt.

          Es gibt in sich widersprüchliche Aussagen im Video einerseits und in den Begleitunterlagen andererseits (z.B.: „alle Gemeinden sind in die Eucharistiegemeinschaft der Pfarrei eingebunden“ – „Gleichzeitig wird es an einigen Orten die sonntägliche Eucharistie geben …“; oder: „Wahl einer Pfarrstruktur, die Seelsorge bestmöglich fördert und Nähe zu den Menschen schafft“ – größere Pfarreien sind mit Nähe zu den Menschen – wessen Nähe? – nicht vereinbar).

          Die Darstellung der Pfarrei der Zukunft vermittelt den Eindruck, dass wir jetzt erst alles richtig machen werden, wenn die Strukturen neu geordnet sind und dass die bisherigen Leistungen aller Beteiligten vor Ort eigentlich falsch oder nutzlos waren.

          Legitimation des Strukturplans durch „breite Beteiligung“??? – Es wird herausgehoben, dass sich „an die 20.000“ Katholiken durch unterschiedliche Rückmeldungen beteiligt haben. An der online-Umfrage haben 7.000 Personen teilgenommen – was genau ist dabei herausgekommen? Es fehlt an Transparenz!

          Zum Erzbistum Köln gehören 1,9 Mio. Katholiken. 7.000 Rückmeldungen auf die online-Umfrage sind weniger als 0,5%! Repräsentativ geht anders.

          Was genau ist von den Regionalforen in den Strukturplan eingeflossen? – auch hier fehlt es an Transparenz!

          In unserem Seelsorgebereich haben wir uns auch auf den Zukunftsweg begeben und Überlegungen angestellt, wie Kirche in Frechen in Zukunft aussehen kann. Wir haben mehrere Veranstaltungen als Zukunftswerkstätten – anfangs zusammen mit der Leiterin der Diözesanstelle für den Pastoralen Zukunftsweg, Vera Krause – an den unterschiedlichen Gemeindeorten hier in Frechen durchgeführt. Zahlreiche aktive Gemeindemitglieder haben sich in dieser Zeit beteiligt und ihre Überlegungen mit eingebracht. Vieles ist im Laufe dieses Prozesses neu entstanden, was Hoffnung macht, dass es um die Zukunft von Kirche in Frechen gut bestellt ist. Wo und wie werden diese Überlegungen und Entwicklungen mitberücksichtigt?

          Eine Aufgabe des Pfarrgemeinderates der Pfarreiengemeinschaft lautete gemäß der Satzung, ein Pastoralkonzept für den Seelsorgebereich zu erstellen. Dieses Konzept ist unter Beteiligung sämtlicher Gruppierungen, Gremien, und vieler einzelnen, ehrenamtlich Engagierten über einen langen Zeitraum entwickelt und festgeschrieben worden. Jetzt soll in der Pfarrei der Zukunft ein pastorales Zielbild ausgearbeitet werden. Können wir das Pastoralkonzept also in den Müll werfen?

          In der Begleitpräsentation (S. 27) ist schließlich die Rede davon, dass bei der Neuerrichtung der Pfarreien eine „Begleitung durch Abschiedskultur“ und eine „Begleitung durch Aufbruchskultur“ stattfinden soll. Wie genau soll das aussehen? Wer verabschiedet wen? Was genau ist eine „Aufbruchskultur“? Wer gewährleistet das? Unsere Erfahrungen mit „Zukunft heute“ und anderen dynamischen Veränderungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass eine Abschiedskultur auch da nicht wirklich funktioniert und stattgefunden hat.

          Zum Abschluss zitieren wir noch einmal wörtlich aus einer Rückmeldung, weil diese sehr gut die geäußerten Gedanken zu diesem Komplex (wie gehen wir miteinander um?) zusammenfasst: „Was ich wirklich nicht mehr ertrage, ist das Schönreden des Mangels. Anstatt hinzugehen und zu sagen: ‚Wir sind in einer schweren Situation. Wir haben zu wenig Priester und zu wenig Geld. Jetzt müssen wir gemeinsam versuchen das Beste daraus zu machen‘ – stattdessen wird alles in schönen Schaubildern, die für viel Geld erstellt wurden, und mit blumigen Worten, die keinen mehr erreichen, verklärt. Warum müssen nun schon die Strukturen, die Dank der guten Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlern funktionieren, zerschlagen werden? Es werden wieder die Engagierten sein, die sich dann verabschieden, und neue Ehrenamtler wird man kaum gewinnen.“

IV. Fragen zum geistlichen Prozess

Nun kommen wir zum entscheidenden Argument, das sehr eindringlich wiederholt vorgetragen worden ist: Die Evangelisierung steht im Fokus des Pastoralen Zukunftsweges. Es wird aber ausschließlich von Strukturen geredet und mehr oder weniger nebulös von Glaubensweitergabe. In der Einleitung zum Video haben Sie, sehr geehrter Herr Generalvikar gesagt: „Mir ist es persönlich wichtig, dass die aktuelle Etappe ein geistlicher, ein vom Evangelium geprägter Weg ist“ und „entscheidend ist, dass wir geistlich, d.h. von Gott her, denken und handeln.“ Wir im Seelsorgebereich Frechen sind da völlig mit Ihnen einer Meinung. Leider können wir jedoch dem jetzt vorgelegten Konzept auch nicht annähernd einen Bezug zu einem wie auch immer gearteten geistlichen Prozess entnehmen.

          Woran lässt sich festmachen, dass dem Plan ein „geistlicher Prozess“ zugrunde liegt?

          Wenn die geistliche Grundlage des Christseins Gottes Wort sein soll, sollte auch in dem Strukturplan Bezug auf Gottes Wort genommen werden. Das fehlt komplett!

          Was ist mit den tatsächlichen Fragen, die uns aktuell bedrängen, z. B.

o    den vielen Kirchenaustritten

o   Folgen von Corona (Menschen erfahren, dass es auch ohne Kirche geht)

o   zunehmende Vereinsamung

          Normalerweise werden Strukturen entwickelt, wenn eine von einer Basis ausgehende Entwicklung diese erforderlich macht. So war es auch bei den ersten Gemeinden, deren Entwicklung in der Apostelgeschichte beschrieben wird.

Sehr geehrter Herr Generalvikar, wir haben unsere außerordentliche Sitzung des Pfarrgemeinderates unter das Motto von Psalm 127, Vers 1 gestellt: „Wenn nicht der Herr das Haus baut, mühen sich umsonst, die daran bauen.“ Das ist unsere feste Überzeugung in Frechen, danach wollen wir leben und so soll es sein. Die Pfarrei der Zukunft, die uns jetzt vorgestellt worden ist, lässt uns erheblich daran zweifeln, dass es wirklich um den Bau eines Hauses geht, an dem der Herr mitwirkt. Nach unserem Eindruck ist die viel beschworene Evangelisation nur das Alibi, um die von rein wirtschaftlichen Erwägungen getragenen Überlegungen zur Umstrukturierung schnellstmöglich umzusetzen.

In der Hoffnung, dass unsere Stellungnahme nicht auf dem kürzesten Weg in einem Papierkorb landet, sondern zu einem Überdenken des Konzepts führt, verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

Helga Pöttinger 

PGR-Vorsitzende

 

Christof Dürig                                   

Pfarrer

 

Monika Wernert-Giesen

stellv. KGV-Vorsitzende      

 

 

 

Ich bin ratlos. Ich bin Pastor auf dem Lande, in 21 Pfarreien, und übe meinen Dienst mit Freude aus. Ich liebe meine Kirche und vor allem die Botschaft, für die sie einsteht.

 

Was sich jedoch im Moment in Teilen unserer Kirchenleitung abspielt, kann ich den Menschen, die mich fragen, nicht mehr erklären. Ich habe versprochen, von meiner Herde, meinen Pfarreien Schaden abzuhalten, aber wie soll ich sie in der jetzigen Situation schützen, wo das Problem mitten aus der Kirche kommt? 

Was unsere Leute in diesen Tagen nicht mehr verstehen, ist der Umgang in unserem Bistum mit den Missbrauchsvergehen: warum da was jetzt nicht veröffentlicht werden kann. Ich hatte noch versucht, das zu verstehen und zu erklären –doch was inzwischen hier draußen ankommt ist, dass sich hohe Amtsträger hinter den Kulissen streiten, wer denn nun Verantwortung übernehmen soll. Stimmt es, dass da jetzt schon Anwälte im Spiel sind? 

Ich erfahre, dass Mitglieder im Betroffenenbeirat sich ausgenutzt, irregeleitet und belogen, ja zum zweiten mal missbraucht vorkommen. Es gibt Retraumatisierungen, weil durch diese Umstände alles Erlittene wieder hochkommt. Nimmt man wahr, was man den Missbrauchsopfern antut? Reicht die Tatsache nicht, dass sie das so fühlen? 

 

Im Evangelium des vergangenen Sonntags spricht Jesus davon, dass das, was wir dem geringsten seiner Schwestern und Brüder antun, ihm antun. Die Missbrauchsopfer sind anwesender Christus in unserer Kirche. Wird hier Jesus Christus aus der Kirche rausgedrängt, weil er lästig ist? Würde sich jemand trauen, unser Allerheiligstes aus dem Tabernakel auf die Straße zu schütten? Christus ist im leidenden Menschen genauso anwesend wie in der Eucharistie: So habe ich es von der Heiligen Elisabeth von Thüringen und der Heiligen Juliane von Lüttich, der Erfinderin des Fronleichnamsfestes gelernt. 

 

Das Vertrauen in weite Teile der Kirchenleitung ist auch bei den treuesten Kirchgängern zutiefst erschüttert. 

 

In diese substanzielle Krise hinein soll im Zuge des pastoralen Zukunftsweges unseren Pfarreien ein Umbruch abverlangt werden, der auf Jahre Kräfte binden und Konflikte herbeiführen wird, indem sie zu einer Großpfarrei fusioniert werden müssen. Unsere Leute fragen: warum? Wir haben doch viele gut funktionierende Kirchenvorstände. Warum etwas funktionierendes zerschlagen? Sicher sind in den Plänen auch viele gute und zukunftweisende Ideen. Aber nach den Informationsveranstaltungen, wo uns ein idealisierter Film präsentiert wurde, sagten die meisten nur: „Wir glauben und vertrauen denen in Köln nicht mehr.“ Weiß man dort, was das bedeutet? 

 

Wer soll die Konflikte hier ausbaden? Was ist, wenn kaum einer mehr für die neuen Kirchenvorstände im kommenden Jahr kandidiert? Da kenne ich schon die Antwortaus Köln: „Sie sind der Pfarrer! Darum müssen Sie sich kümmern.“ 

 

Warum fehlt bei aller Schau in die Zukunft der Ansatz bei der Gegenwart, beim Gespür des Gottesvolkes? Warum wird das, was heute in der Kirche lebt, kleingeredet? Zu wenig Glaube? Wer kann das überhaupt bestimmen? 

 

Stimmt es, dass ein hoher Amtsträgerunseres Bistums verkündet, dass das, was jetzt ansteht, die größte Veränderung der Kirchenstrukturen seit Napoleon sei? Damals wurde ein Landpfarrer Bischof, Marc-Antoine Berdolet, der jede Gemeinde persönlich besuchte, zuhörte und dann das veränderte, was notwendig war. Muss die Bistumsleitung angesichts der Vertrauenskrise jetzt nicht umso mehr das Gespräch auf Augenhöhe suchen? Im kalten Verwaltungsdeutsch der Bistumsverwaltung werden die Gemeinden in Stadt und Land als „die Fläche“ bezeichnet. Verrät das eine Haltung, die sich selbst als den Mittelpunkt wähnt? 

 

Haben wir vor Ort keine Ahnung von der Sache? Es gibt in der Bistumsverwaltung viele engagierte, kompetente und kooperative Fachleute, die es ernst nehmen, dass sie Dienstleister der Pfarreien sind, mit denen wir ausgezeichnet zusammenarbeiten, aber andere behandeln unsere Ehren- und Hauptamtler von oben herab und sprechen vom Geld des Bistums, bei dem sie überlegen müssten, was davon welcher Gemeinde zustehen könnte. Hat man vergessen, dass es unsere Gemeindemitgliederhiersind, –knapp 40.000 Katholikinnen und Katholiken – die die Kirchensteuer zahlen, die so die Bistumsverwaltung alimentieren, und dass meine Kolleginnen und Kollegen in der Seelsorge vor Ort diese Menschen bei der Stange halten? Wieso will man in Köln allein über Geld bestimmen, das einem nicht gehört? Engagierte Christinnen und Christen hier sagen: Der Bistumsleitung gehe es um Geld und Macht, nicht ums Evangelium. Das sind keine nachgebeteten Floskeln. Muss einem solch eine Vermutung nicht an die Substanz gehen? 

Dass wir sparen müssen, weiß hier jeder. Leute auf dem Land sind pragmatisch. Aber wie soll ich vermitteln, dass möglicherweise zwei Millionen € als Finanzspritze für den Erhalt eines Altenheims bei uns gereicht hätten, während in Köln, wie ich höre, für eine neue Theologische Hochschule zweistellige Millionenbeträge bereitstünden? Wir haben in Bonn eine ausgezeichnete Fakultät, die vom Land finanziert wird. Braucht es jetzt nicht gerade finanzielle Zeichensetzungen im sozialen Bereich, um etwas Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen? 

 

Nimmt man in Kauf, dass viele Engagierte sich stillschweigend abwenden? Oder sind das Christinnen und Christen, die sowieso nicht gut genug waren? So denken Leute, die sich für bessere Christenhalten. Wo bleibt die Verantwortung eines Hirten? Wir Pfarrer sollen die Gespräche mit den Ausgetretenen führen, aber was sollen wir denn zu Dingen sagen, für die wir nichts können? Ich möchte als Priester nicht in Sippenhaft genommen werden, weder für Mitbrüder, die Missbrauch begangen haben noch für Versagen in der Kirchenleitung. 

 

Ich sehe die Gefahr, dass unsere Kirche über Jahre weiter nur mit sich selbst beschäftigt sein wird. Ist es nicht die Sorge um die Institution, die zur Vertuschung geführt hat? Brauchen wir nicht die schonungslose Erschütterung, damit aus Trümmern Neues wachsen kann? 

 

Haben wir überhaupt noch eine missionarische Kraft? Die aktuellen Skandale gehen an die Glaubenssubstanz. Ich höre Vorwürfe wie „Glaubenszerstörer“, oder dass die Kirche vor die Wand gefahren werde und sie nur noch eine Karikatur ihrer selbst sei. Das höre ich von Menschen, die glauben möchten. Ich hätte es nicht gedacht, aber die Person eines Amtsträgers kann da viel aufbauen und zerstören. Glaube ist etwas sehr Sensibles. Der Kern unserer Botschaft ist verstellt, weil wir in der Kirche nicht als Auferstandene leben, sondern Angst um uns selbst, um Formen und hierarchische Strukturen haben. Das heraufziehende Unwetter wird schon zeigen, was stabil ist und was nicht. 

 

Dabei werden unsere Kirche und ihre Botschaft mehr gebraucht denn je, weil immer mehr Menschen in unserem Zusammenleben auf der Strecke bleiben. Was ist allein mit der Herausforderung durch den Klimawandel? Da haben wir doch Lösungswege! Papst Franziskus hat das alles längst auf den Punkt gebracht. In der Flüchtlingskrise 2015 war ich stolz auf die Zeichen, die unsere Kirche setzte. Ist es nicht allein eine Zivilisation der göttlichen Liebe, mit der das Leben auf unserem Planeten eine Zukunft hat? Aber unsere Sprachrohre sind verstopft mit einem tödlichen Mix aus Skandalen, Selbstgerechtigkeit und dem Beharren auf Nebensächlichkeiten. Wer sucht noch Lösungswege für die Menschheitsprobleme bei unserer Botschaft? Wer erwartet von der Kirche noch etwas?

 

Ich sehe ein reiches Erbe in unserem Lande, das aufs Spiel gesetzt wird. Als Mensch, der zutiefst in der Kultur unseres Landes verwurzelt ist, tut mir das weh. Dabei ist darin so viel geistiger Reichtum und so viel Kreativität verborgen. Aber selbst unsere Kirchengebäude, auf die wir gerade im Rheinland so stolz sein können, werden von Kirchenverantwortlichen nur noch als Ballast empfunden. Fängt man an, unser Erbe zu verschleudern, um Nebensächliches um jeden Preis zu erhalten? Ist da nicht längt ein versteckter Selbsthass am Werk? 

 

Warum sagen mir Menschen, dass sie sich um mich sorgen, dass ich Konsequenzen fürchten müsste, wenn ich solche Fragen stelle? Warum haben sie den Eindruck, dass unsere Kirche in Bezug auf den Klerus ein System von Befehl und Gehorsam sei, von unbedingter Loyalität und totaler Identifikation, Macht und Abhängigkeit, das keine Nestbeschmutzer dulde? Erschreckt es nicht zu Tode, dass wir mit solchen Kategorien in Verbindung gebracht werden? Viele unterstellen uns einen Korpsgeist, aus dem heraus der Schutz der eigenen Gruppe wichtiger war als das Leid der Missbrauchsopfer. Warum wird immer nur davon gesprochen, dass es einzelne sind, die Fehler machen, dabei wissen wir doch als Theologen und Menschenkenner, für die wir uns halten, dass es sündige Strukturen gibt, die das befördern? 

 

Ich bin nur ein Pfarrer vom Lande, vom Rande, kurz vor dem Abgrund- am Tagebau. Vielleicht fehlt mir einfach der weltkirchliche Weitblick oder der theologische Tiefgang, sodass ich letztlich alles falsch sehe. Ich bete viel, aber auf meine Fragen finde ich im Gebet keine Antwort. Es bleibt die Ratlosigkeit. 

 

In der Frage steckt allerdings eine Kraft, die die Antwort nicht immer hat. Deshalb möchte ich zuletzt auch unsere Gemeinden, die einzelnen Christinnen und Christenetwas fragen: Wollt Ihr Euch das kaputtmachen lassen, was euch wertvoll ist? Wollt ihr die Kirche nur denen überlassen, die sie vor die Wand zu fahrendrohen? Ist euer Glaube nicht viel stärker als der Kleinmut vieler kirchlicher Verantwortungsträger – weil Ihr Fragende und Suchende seid, Pilgernde auf rauen Wegen, engagiert für das Unmittelbare, für unsere Orte, die allesamt Gottesorte sind? Ist euch die Botschaft des Evangeliums nicht zu kraftvoll, als dass Kleingeister und Angsthasen sie ersticken könnten? Sind wir nicht zu katholisch, das heißt allgemein, voll Weltverantwortung, als dass wir uns herausdrängen lassen? Ahnt Ihr nicht, dass unsere Zeit die Hoffnung des Evangeliums und den spirituellen Reichtum des Christentums nötiger braucht denn je? Haben wir Angst vor einem reinigenden Unwetter, dass die Turmspitzen hinwegfegen, die Grundmauern aber nicht erschüttern kann? Ist es vielleicht ein Fehler, dass wir Lösungen von der Kirchenleitung erwarten?

 

Ich sehe keine Alternative, als dass wir hier vor Ort als Kirche weitermachen.

 

 

Dr. Meik Schirpenbach, Pfarrer

 

 

Guten Tag zusammen,

 

wieder ist eine Woche vorbei. Wie geht es Ihnen?

Corona ist anstrengend, hat uns im Griff und wird unser Leben noch länger bestimmen (trotz des Hoffnungsschimmers einer möglichen Impfung…). Wir können dem Ganzen nicht entrinnen. Weglaufen bringt nichts, in anderen Ländern ist es z.T. noch schlimmer!

Als Christen haben wir immer eine hoffnungsvolle Perspektive, auch wenn es manchmal schwerfällt, daran zu glauben: Jesus hat uns zugesagt, dass ER jeden Tag bei uns ist – und wir gehen dem Himmel – Gott – entgegen!

Trotzdem ist der Alltag oft belastend: Alleinsein, vieles nicht machen können, Sorge vor Ansteckung oder das Erleben, das im eignen Umfeld jemand – vielleicht sogar ich selbst – bei allen Vorsichtsmaßnahmen erkranke… 

Die guten Ideen für Gottesdienste draußen am Heiligen Abend (z.B. in Königsdorf als Stationen-Gang für Familien; in Frechen im Freibad oder Station) sind ins Stocken geraten, weil es von der Stadt z.Zt. keine Genehmigung dafür gibt.

Der Advents- und Weihnachtszeit möchten wir im Seelsorgeteam trotz allem mit Zuversicht entgegengehen. Es gibt zahlreiche Ideen und Überlegungen – mehr wird noch nicht verraten…. Und es gibt – immer: Stand heute! – auch zahlreiche Gottesdienste an den Weihnachtstagen…

Zurück zu meiner Woche: zum ersten Mal fand im Erzbistum Köln der Tag der leitenden Pfarrer – von der Teilnehmerzahl gedrittelt – als Video-Konferenz statt. Die neuen Gutachter für die Missbrauchsstudie erklärten, warum die Erste gescheitert ist. Die Bistumsleitung sieht den entstandenen Vertrauensverlust. Das stelle ich nicht in Zweifel. Aber: wenn ich heute das Interview mit einem aus dem Betroffenbeirat in der „Rundschau“ lese – und dass mit dem Gehörten ergänze – dann wird mir bewusst, warum bei allem guten Willen aneinander vorbei geredet wird. Die Opfer fühlen sich nicht ernstgenommen: es geht nicht darum „einen Bischof im Knast zu sehen“, wird der Betroffene zitiert, sondern: „wir wollen wissen was geschehen ist und von wem es zu verantworten ist“! Es findet anscheinend kein wirkliches Gespräch auf Augenhöhe statt, denn der Erzbischof ist von Amtswegen immer der Mächtige und Große, die anderen in einer schwächeren und abhängigen Position…   

So gibt es bei aller grundlegenden Verschiedenheit eine Parallele zu einem anderen Thema im Umgang miteinander. Mein Eindruck vom letzten Sonntag – „der „Pastorale Zukunftsweg“ wird – Corona-bedingt verstärkt – mit viel medialen Aufwand – in undurchschaubaren „Zielbildern“ und mit viel „Schönwetter-Gerede“ in wesentlichen Punkten an den Gläubigen und den Gemeinden vorbei, vorangetrieben“ hat sich leider verfestigt! Tatsachen werden von der Bistumsleitung und den Arbeitsgruppen geschaffen, eine Flut von Fakten wird vorgestellt, es dürfen Verständnisfragen gestellt und Anmerkungen gemacht werden, eine wirkliche Mitsprache ist offensichtlich nicht erwünscht. Das ist schade, weil Chancen vertan werden. (Ergänzend zu meinen Gedanken ist das „Wort für die Woche“ von Krankenhausseelsorger Martin Birkhäuser mit seinem modernen Gleichnis aufschlussreich und lesenswert.)

Mir (und vielen anderen) ist klar, dass es erhebliche Veränderungen in unseren Gemeinden geben wird und muss, nicht nur weil die Zahl der Priester sinkt und das Geld weniger wird. Meiner Meinung nach ist allerdings der Umgang mit Seelsorger/innen, Hauptamtlichen allgemein und den engagierten Gläubigen unsensibel und – trotz aller Veröffentlichungen, Gesprächsforen, Befragungen usw. – kontraproduktiv. Vielleicht sind sogar die Überlegungen von vielen schlauen und fleißigen Menschen in Fokusteams und weiß ich nicht was für Gremien die Richtigen!? Es wird sich aber negativ auswirken, dass die Pfarrgemeinden nicht wirklich in die Thematik eingebunden sind; zumal wir – so wird gesagt – doch alle so wichtig sind für die Gestaltung der „Pfarrei der Zukunft“!

Das heutige Evangelium gibt eine gute biblische Vorlage zu den Überlegungen. Es geht um Talente / Fähigkeiten, die Menschen haben. Die einen haben (vielleicht) mehr, andere weniger. Darauf kommt es Jesus gar nicht an. Jesus möchte, dass jede/r ihre/seine Möglichkeiten gewinnbringend einsetzt und gibt kein „Zielbild“ vor!

Was mache ich mit meinen Fähigkeiten, mit meinen Talenten? Setze ich sie für andere ein? Auch in diesen schwierigen Zeiten wie jetzt? Wenn vieles nicht möglich ist: telefonieren geht. Mit Abstand. Ohne Gefahr! Wer könnte sich auf einen Anruf freuen? Dabei denke ich besonders an Ältere und Kranke, die nur wenig oder gar nicht raus können… Oder: schreibe ich eine Mail – oder ganz traditionell – eine Karte oder einen Brief? Oder …!   

Es gibt so viele Menschen – in unserer Pfarreiengemeinschaft rund 1000! – die sich auf unterschiedliche Weise mit ihren Talenten einbringen. Im Pfarrgemeinderat, in den Kirchenvorständen und dem Kirchengemeindeverband. Für Kinder und Jugendliche. Als Ordnungs- und Willkommensdienste, damit die sehr eingeschränkte Gemeinschaft lebendig bleibt. Und und und und und… – Das ist für mich im Heute die Grundlage für die Zukunft – für Wege in die Zukunft der Pfarrgemeinden.

Es wird sich vieles ändern, es muss sich vieles ändern. Ja! Aber warum wird das so wenig in den Plänen des Erzbistums aufgegriffen? Talente werden – um im Bild des Gleichnisses zu bleiben – nicht vergraben, sondern weggeworfen…   

Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!  heißt es. Wie froh könnte christliche Gemeinde und Gemeinschaft sein, wenn wir das beherzigen und leben? Von der Freude über das ewige Leben mal ganz zu schweigen…!

Nun wünsche ich Ihnen einen schönen Sonntag und eine gute Woche! Und grüßen Sie von mir diejenigen, den Sie ihre Talente zu gute kommen lassen!


Christof Dürig.

 

Vorbemerkungen

1. Von echter Beteiligung kann keine Rede sein.

Wir bedauern sehr, dass die immer wieder betonte Beteiligung (sogar von angeblich 20.000 Menschen) an dem sogenannten Pastoralen Zukunftsweg in Wahrheit keine wirksame Beteiligung war und ist.

Ob pastorale Erkundungsreise auf die Philippinen, Internetumfrage,

Gottesdienstumfrage, Regionalforen, Fokusteams: In keinem dieser Formate und zu keinem Zeitpunkt sind im bisherigen Prozess Mindeststandards für eine echte Mitwirkung gewahrt. Statt transparenter und repräsentativer Vertretung der viel

beschworenen Getauften und Gefirmten aller betroffenen Gemeinden und Gemeinschaften gab es dort zufällige Zusammensetzungen, sich selbst einbringende Gruppen Interessierter bzw. durch den Bischof gelenkte Arbeitsgruppen.

 

Abstimmungen oder auch nur Meinungsbilder zu wichtigen im Ziel-Bild enthaltenen Weichenstellungen gab es nicht. Eingebrachte Ideen, Gesichtspunkte, Bedenken wurden nicht erkennbar weiterverfolgt, sondern verschwanden in allgemein zugesagter „Berücksichtigung“. Von der in vielen Gemeinden durchgeführten Gottesdienstumfrage etwa wurde nie wieder etwas gehört. Auch die Word-Cloud aus

der Online-Umfrage (Entwurf 9/2019), in der mehr Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit, Mut und Modernität in der Zukunft gewünscht werden, wird nicht mehr aufgegriffen.

 

Insgesamt herrscht daher weithin der Eindruck einer nur vorgeblichen, nicht aber wirksamen, also tatsächlich mitbestimmenden Beteiligung. Jetzt mit einem umfassenden, durchgestylten Großentwurf aus der Feder des Bischofs konfrontiert zu werden, bestätigt diesen Eindruck und erzeugt ein Gefühl der Ohnmacht.

 

2. „Zukunftsweg“ vernachlässigt unseren längst begonnenen Weg.

Manche Erklärungen des Pastoralen Zukunftsweges erwecken den Eindruck, dass erst jetzt endlich das Zeitalter beginnt, in dem das Evangelium zum Mittelpunkt der Pastoral wird, die geistliche Dimension der Pastoral entdeckt und Innovation im Blick auf die Menschen von heute Einzug in unsere Pastoral hält. Dies entspricht nicht unserer Wahrnehmung. Wir können vielmehr sagen, dass unser pastoraler Weg dies auch bisher schon und weiterhin beinhaltet. Die wertvollen Erfahrungen der letzten Jahre werden durch den „pastoralen

Zukunftsweg“ in keiner Weise gewürdigt, ausgewertet oder fortgeschrieben. Dabei können uns das Pastoralkonzept, das wir vor etwa zehn Jahren mit Freude am Evangelium formuliert haben, und die Erfahrungen, die wir dabei gesammelt haben, in vielfacher Weise weiter leiten. Wir erkennen nichts, das uns veranlassen müsste,

unser pastorales Konzept grundsätzlich hinter uns zu lassen. Die zugrundeliegenden Analysen und die darin begründeten pastoralen Ansätze bleiben gültig und

fortschreibbar und entsprechen im Übrigen den verschiedenen Beispielen pastoraler Ideen in der Präsentation und den Videos.

Pfarrgemeinderat Flingern/Düsseltal

 

3. Es fehlt ein (selbst)kritisches Hinterfragen der Probleme.

Es ist offensichtlich, dass ursächlich die Entwicklung der Finanzen, die Zunahme der Kirchenaustritte und vor allem fehlendes Priester-Personal dazu führt, dass sich etwas ändern muss. Diese dramatische Entwicklung wird kommentarlos hingenommen und die zukünftige Struktur daran ausgerichtet – dabei ist es genau diese Entwicklung, die

bei der Planung eines Zukunftsweges als erste hinterfragt werden müsste. Die immer noch unzulängliche Aufarbeitung des Machtmissbrauchs aus den eigenen Reihen, die Stellung der Frauen in der Kirche, die Behandlung Geschiedener und gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften sind nur einige Beispiele, zu denen wir

eine „geistliche Erneuerung“ in unserem Bistum vermissen. Hier gelingt es nicht, den kirchlichen Standpunkt den Mitgliedern bzw. einer breiteren Öffentlichkeit verständlich zu kommunizieren, geschweige denn zu revidieren. Für eine an diesen Stellen aus der Perspektive der Menschen in unseren Gemeinden ungerecht, unbarmherzig und

unglaubwürdig wirkende Kirche können und wollen immer weniger Mitglieder und Ehrenamtliche aufbrechen. In der Wiedergewinnung der Glaubwürdigkeit sehen wir deshalb den vorrangigen Handlungsbedarf bei der Gestaltung eines „gemeinsamen Zukunftsweges“.

 

Das Ende des Films macht unmissverständlich klar, worum es beim Zukunftsweg in allererster Linie geht: um einen immer größer und immer weniger beherrschbar werdenden Priestermangel.

Leider wird nicht – und schon gar nicht plausibel – dargelegt, wie bei noch größeren Gemeinden die Seelsorge als eine zu stärkende Kernaufgabe (ein Priester auf 30.000- 50.000 Katholiken!) gelöst werden kann. Dieses Problem einer schlechteren Relation von Pfarrern zu Gemeindemitgliedern verschärft sich unseres Erachtens durch den

„Zukunftsweg“, da die vielen auf ehrenamtliche Laien verteilten Aufgaben ein zusätzliches „Management“ (um in der Unternehmensberatersprechweise des Zukunftswegs

zu bleiben) dieser Aufgabenbereiche durch die Pfarrer erforderlich macht. Hier liegt ein nicht aufgelöster – und womöglich auch nicht auflösbarer – Grundwiderspruch vor, denn die Verteilung der künftigen Aufgaben verlangt ein deutliches Plus an leitender

Koordination zulasten seelsorgerischer Funktionen.

 

Wenn Priestermangel als Hauptproblem identifiziert wird, dann scheint es nicht nur logisch, sondern zwingend erforderlich, dass darüber diskutiert werden muss, warum der geweihte männliche, zölibatär lebende Priester als einzig mögliches Format der Gemeindeleitung selbst nicht zur Debatte steht. Uns scheint eine Debatte über weitere

Formate (Frauenordination, Priesterheirat, Weihe bewährter Getaufter und Gefirmter…) unabdingbar, damit wir in zehn Jahren nicht darüber diskutieren müssen, wie wir aus 60 Pfarreien 30 machen können.

 

Stellungnahme zum Zielbild „Pfarrei der Zukunft“

Trotz dieser Vorbehalte wollen wir Ihre Aufforderung zur Mitwirkung zu diesem Zeitpunkt ernst nehmen und übermitteln Ihnen im Folgenden unsere konkreten Vorstellungen für die zukünftige Gestaltung der Pastoral.

 

1. Wir wollen eine möglichst große Vielfalt bei der Gestaltung der

Strukturen des Gemeindelebens.

Dabei geht es uns darum, nicht ohne Not flächendeckend Pfarreien aufzugeben und zu fusionieren. Wir erkennen keinen zwingenden Grund, die Substrukturen der „Sendungsräume“ einheitlich und von oben so zu gestalten, dass darin existierende lebensfähige und lebendige Kirchengemeinden ihre rechtliche Eigenständigkeit (mit

KVs und echter eigener Verantwortung für die materiellen Angelegenheiten, z.B. die Kirchengebäude als Identifikationsbauten) verlieren müssen. Vielmehr hat sich nach unserer Erfahrung die Möglichkeit der Bildung von Kirchengemeindeverbänden aus

selbständig bleibenden Kirchengemeinden als Alternative oder parallel zu fusionierten Kirchengemeinden bewährt. Bei uns z.B. hat es beides gegeben, entsprechend den örtlichen Gegebenheiten und pastoralen Weichenstellungen. Echte kirchengemeindliche oder -gemeindeverbandliche Gremien (übrigens auch mit

dem Pfarrer gegenüber klar geregelter Mitwirkung und nicht nur Teambildung unter seiner Leitung), aber auch die durch solche Vor-Ort-Gremien mögliche Einbindung einer größeren Zahl von Verantwortlichen mit jeweils überschaubarem Arbeitsaufwand (nicht Teambildung mit Vollverantwortlichkeit für eine Gemeinde) sind u.E. ein

Erfolgsrezept für die Gewinnung und Motivation von Ehrenamtlichen.

Was die angebliche Entlastung des Pfarrers durch nur noch einen Kirchenvorstand anstelle mehrerer angeht, so hört man von unserem Pfarrer wie von anderen Pfarrern im Bistum dagegen, dass eine Vielzahl von Gremien nicht nur eine überkomplexe Verantwortung eines einzigen Gremiums für eine (demnächst noch deutlich größere) Vielzahl an Kirchen und Einrichtungen verhindert, sondern auch den Pfarrer durch selbständiges Arbeiten vor Ort deutlich entlastet. („Best practice“ dazu: Es ist ohne Probleme möglich, dass alle Gremien immer am selben Termin im selben Haus tagen, so dass sowohl die punktuelle Anwesenheit des Pfarrers als auch das gemeinsame Besprechen übergeordneter Themen möglich sind – ohne Vergrößerung der Terminlast.) 

 

Sicher ist es nicht unser Ziel, auf Biegen und Brechen Pfarreien als Körperschaften des öffentlichen Rechts am Leben zu erhalten. Umgekehrt aber dürfen Gemeinden, die aus pastoraler Sicht lebendig sind, auch nicht leichtfertig bewährter Strukturen beraubt werden, die vor Ort Mitverantwortung und Identifikation mit Erfolg fördern. Es gilt das Subsidiaritätsprinzip.

 

Und: Es ist uns wichtig, den Gemeinden vor Ort auf diese Weise handfest

Wertschätzung zu geben. Neben der möglichen Zukunft zählt eben auch die (ehrwürdige) Vergangenheit und die (sich bewährende) Gegenwart, nicht bloß eine angeordnete Zukunft der Pastoral, die über Gutes hinwegwalzt.

 

2. Wo bleibt dabei der Pfarrer als Mensch?

Bei allem Respekt und aller Achtung vor den Fähigkeiten von leitenden Pfarrern fragen wir uns, was einen Menschen generell dazu befähigt, eine Organisation von 100 und mehr Mitarbeitern – Haupt- und Ehrenamtlichen – zu führen. Sind das tatsächlich Menschen, die aus geistlicher Berufung Theologie studieren und Seelsorger werden

wollen?

Wir schlagen daher vor, eine Pfarrei durch einen hauptamtlichen, mit Fachleuten besetzten Vorstand zu leiten, dessen Vorstandssprecher und Letztverantwortlicher der Pfarrer ist. Aus den einzelnen Aufgabenfeldern wird an das für diese Aufgabe verantwortliche Vorstandsmitglied berichtet. Im Vorstand ist je ein Mitglied

verantwortlich z.B. für Liturgie und Musik/Gemeinschaft, für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit, für Diakonisches Handeln und Jugend.

Dieses Modell ist etwas ganz anderes, als den leitenden Pfarrer „durch ein Team zu unterstützen“.

 

3. Wir brauchen Freiraum für eine Gottesdienstordnung mit

sonntäglichen Gottesdiensten in allen Gemeinden.

Die sonntägliche Eucharistie – im Ziel-Bild nahezu unsichtbar – muss die

identitätsstiftende Mitte des Gemeindelebens bleiben, das sich um eine Kirche herum gebildet hat und hält, insofern sie mehr ist als eine Teilgruppe der Gemeinde (Gebetskreis, Bibelkreis, Caritas-AG, Frauengemeinschaft, Seniorenclub, Chor, Jugendgruppe o.ä.), sondern eben betend-feiernd, missionarisch-verkündigend und

sozial-caritativ deren Gesamtgemeinschaft an einem bestimmten Wohn- und Beziehungsort (auch wenn Einzelvollzüge in Kooperation mit Nachbargemeinden geschehen).

 

Eine solche Gemeinde (nicht Teilgruppe) wird sich am Sonntag an ihrem Ort versammeln und nicht (jedenfalls nicht als Ganzes) zur Eucharistiefeier in eine andere Kirche kommen, auch nicht in einer Innenstadtgemeinde wie bei uns, wo sich inmitten

einer sehr mobilen Lebenskultur dennoch feste gemeinsame Orte als menschliches Grundbedürfnis und Identifikationsmittel erweisen.

Wo eine Gemeinde erkennbar ihre eucharistische Mitte verlieren würde, weil sie nicht an bestimmten Sonntagen zur Eucharistiefeier in eine andere (Pfarr)Kirche wandert, in der eine Sonntagsmesse stattfindet, halten wir es für wesentlich, dass an bestimmten Sonntagen, wo eine Messe hier nicht möglich ist, ein Wortgottesdienst gefeiert werden kann, zu dem aus der Sonntagsmesse einer Nachbarkirche auch die

Eucharistie hergebracht wird. So wird die eucharistische Grundlegung des

Gemeindelebens theologisch verantwortbar gesichert, wenn ein Priester nicht jeden Sonntag in jede Gemeinde kommen kann.

Anderswo in Deutschland und weltweit gibt es das auch. Bei uns scheinen die geringeren Entfernungen so eine Möglichkeit unnötig zu machen. Dennoch: Es handelt sich nicht um eine Frage der räumlichen Entfernung, sondern auch der Liebe zu konkreten, weiterhin lebensfähigen Gemeinden, die nicht als solche einfach sonntags umzutopfen sind und die sich ohne Sonntagstreffen de facto auflösen würden.

 

Wie gesagt, hier wünschen wir uns die Freiheit, vor Ort zu unterscheiden, ob dies geschehen soll oder auch einmal das Ende einer Ortsgemeinde als Vollgemeinde gekommen ist, die dann etwa den Status einer gemeindlichen Teilgruppe hätte und in der Folge sonntags gemeinschaftlich zu ihrer neuen Kirche geht.

 

4. Wir stellen die Idee der „Teams von Verantwortlichen“ in Frage.

Hier vermissen wir einen realistischen Blick auf die Situation und die Möglichkeiten von Ehrenamtlichen, wie sie sich in allen gesellschaftlichen Bereichen darstellen. Was den kirchlichen Bereich angeht, sehen wir unser eigentliches Charisma als Getaufte und Gefirmte nicht darin, eine Gemeinde umfassend zu organisieren, sondern als Christen in unseren Familien, in unserer Arbeit, in unserer Gesellschaft und in unseren alltäglichen Bezügen zu leben und auf diese Weise unseren Glauben

einzubringen. Dazu gehört für viele von uns natürlich auch, dass wir einen Teil unserer, meist sehr begrenzten, freien Zeit für eine gewisse Dauer in das Gemeinde-Leben im engeren Sinn einsetzen und uns caritativ, katechetisch, liturgisch, kreativ, konzeptionell oder sonst wie praktisch engagieren. In unserem Land zahlen wir dem Bischof jedoch Kirchensteuer, damit er Personen beauftragen und auch einstellen kann, die uns in der Gesamtverantwortung für unsere Pfarrei oder Gemeinde vor Ort als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Dies

beanspruchen wir auch weiterhin als Priorität beim Einsatz der vorhandenen Mittel. Das Konzept eines von einem zentralen Pastoralteam aus der Ferne qualifizierten und begleiteten Teams von Verantwortlichen überzeugt uns nicht. Auch bei sinkenden Finanzmitteln und Seelsorger Zahlen wird es noch lange möglich sein, dass uns jeweils

vor Ort feste (seelsorgliche) Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die in einer oder mehreren Gemeinden angesichts unserer zeitlich begrenzten, vielfach tagsüber (aus Berufsgründen) nicht möglichen und je nach Lebenssituation auch immer wieder wechselnden Mitwirkung als konstante Bezugspersonen zur Verfügung stehen. 

 

Das Kriterium, dass eine Gemeinde sich ohne solche ortsbezogene feste Begleitung selbständig durch ein Team von Verantwortlichen trägt oder eben vergeht, erscheint uns nicht sachgerecht, ja lieblos. Es entspricht nicht der Realität heutiger Ehrenamtlichkeit und auch nicht unbedingt dem, was wir als unser Charisma ansehen.

Dabei steht uns auch vor Augen, dass Gemeinden bei uns, anders als in den meisten Teilen der Welt, mit vielfältigen gewachsenen Einrichtungen (z.B. Gebäuden und Personal) ausgestattet sind und in Deutschland (und Europa) eine Flut an immer professionelleren Standards zu erfüllen haben (von Datenschutz und Hygienevorschriften über Steuerregeln und Denkmalschutzbestimmungen bis zu Arbeitsschutz und Arbeitsrecht), die sich leider nicht auf einen engen Verwaltungsbereich begrenzen lassen, sondern alle möglichen pastoralen Vollzüge erfassen. Hier wird die Verantwortlichkeit überdehnt, die wir in Teams von Verantwortlichen ehrenamtlich tragen können und wollen.

 

Alle unsere Anmerkungen hätten wir, wie gesagt, im Sinne einer echten Beteiligung an dem sogenannten Pastoralen Zukunftsweg gerne wesentlich früher eingebracht, gerade weil das Bistum für die Pfarreien der Zukunft so ausdrücklich betont, wie wichtig unsere Mitwirkung sei.

Auch die vorgesehene Beendigung der kirchengemeindlichen Trägerschaft von Kindergärten oder der Integration der sogenannten kategorialen Seelsorge (z.B. Klinikseelsorge) in die Pfarreien der Zukunft überraschen uns und wären der Mitberatung wert (gewesen).

Das hier vorgestellte Modell einer Pfarrei der Zukunft können wir nicht gutheißen und halten eine grundsätzliche Überarbeitung des Konzeptes für dringend erforderlich.

 

Unsere Vorschläge dazu haben wir oben ausgeführt.

 

Unverständnis, Fragen und Kritik nach „Seelsorgebereichsforum“ am 16.09.2020

Das Erzbistum Köln informiert z.Zt. die Pfarrgemeinden über die geplanten Strukturveränderungen.

 

Ausführliche Informationen finden Sie unter www.zukunftsweg.koeln/pfarrei-der-zukunft. So können Sie sich selbst ein Bild über die Zukunftspläne des Generalvikars machen: aus rund 500 Pfarrgemeinde in 180 Seelsorgebereichen sollen bis 2030 50-60 Pfarreien werden! Weitere Gedanken zum Thema auch unter www.kirche-in-frechen.de.

 

Viele Teilnehmende des sog. Seelsorgebereichsforums in St. Maria Königin äußerten deutliche Kritik, Skepsis und großes Unverständnis.

Es wurden zahlreiche Fragen gestellt, auf die es (noch) keine Antworten gibt. In den Pfarrnachrichten vom 20.09.2020 hat die PGR-Vorsitzende Helga Pöttinger über die Veranstaltung berichtet. PGR, Mitglieder der Ortsausschüsse und der Kirchenvorstände haben am Donnerstag – nach Druck dieser Ausgabe – weiter beraten. Ein Bericht folgt in der nächsten Ausgabe. Hier einige Zitate von interessierten und engagierten Gemeindemitgliedern aus der Pfarreiengemeinschaft Frechen:

 

„Ich bin einfach nur erschlagen und entsetzt, wenn ich an die Vorgaben / Ideen des Generalvikars denke… Wie stellt er sich das überhaupt vor??? Fragen über Fragen … und nur vage Antworten. Viele Dinge sind heute Abend angesprochen worden… aber es ist vieles noch offen. Ich persönlich bin sehr enttäuscht und frustriert… und muss die Gedanken und Ideen erst mal sacken lassen.“

 

„Die in der Diskussion aus dem Plenum vorgebrachten Sorgen und Befürchtungen sind schwerwiegend und müssen von der Bistumsleitung verstanden werden. Wer im Berufsleben steht, fühlt sich an das Agieren von Unternehmensleitungen erinnert, die ihre Firma sanieren müssen. Ich sehe bis jetzt wenig Unterschied zwischen unserem Zukunftsweg und solchen unternehmerischen Top-Down-Entscheidungen. Ob dies ein „geistlicher Prozess“ wird, muss sich erst noch zeigen. Wenn der Erzbischof das nächste Mal nach Frechen kommt und sich mit den Gremien trifft, sollte er weniger

reden und mehr zuhören.“

 

Die Kirche vor Ort ist Trägerin von Willkommenskultur. Sie hat ein Gesicht durch die Menschen, die vor Ort aktiv sind und die man vor Ort treffen kann. Dieses Gesicht und die persönlichen Beziehungen müssen erhalten bleiben. 

 

Jeder Rückzug aus der Fläche muss vermieden werden! Alle bewährten Gruppen, Projekte und Initiativen müssen erhalten und unterstützt werden. Wertschätzung für das bisher Geleistete ist dabei unverzichtbar. Es kann nicht unser Ziel sein, Gutes durch weniger Gutes zu ersetzen, nur um den neuen Strukturen Genüge zu tun.“

 

„Ich verstehe unter Evangelisierung etwas anderes als Strukturveränderung. Mit den Plänen aus Köln wird eher eine Entfremdung bewirkt. Das macht mir große Sorgen um die Zukunft unserer Kirche.“

 

„Nach der Instruktion, die im Juli aus Rom kam, hat sich mein Gefühl des „eigentlich steht in Köln schon alles und die Engagierten/Gläubigen sollen sich nur gehört fühlen“ nur enorm verstärkt. Dass das große Engagement der Ehrenamtlichen, wie Pfr. Dürig es über die Kirchenvorstände schreibt, nicht gewürdigt wird, entsetzt mich sehr und macht mich traurig. (…) Last but not least: ohne engagierte/gläubige Menschen keine Kirche. Vielleicht schaffen wir uns ja auf längere Sicht selber ab. Auch das kann eine – wenn auch für mich vollkommen unerwünschte – pastorale Zukunft sein. So

bleibe ich gespannt, wo der Weg gen 2030 hingeht.“ „Welche Punkte des Zielbildes bzw. der vorliegenden Vision lassen sich jetzt schon in der bestehenden Pfarreiengemeinschaft ausprobieren? M.E. gibt es bei aller Kritik auch Dinge, die weiter überlegt und versucht werden sollten. Z.B. neue Gemeindeformen zu entwickeln, ohne die bestehenden Gemeinden gleich „umzuschmeißen“ u.a.m. Wie kann der geistliche Aufbruch, von dem heute nur allgemein und wolkig gesprochen wurde, jetzt konkret in Frechen 2020 (oder 2021) aussehen? Vielleicht wissen wir dann bis 2030 mehr…“

 

„Das ganze Konzept basiert auf einer Mobilisierung von Ehrenamtlichen. Wo sollen die in den nächsten 10 Jahren herkommen? Die nächste Generation ist eher kirchenfern!“ „Wie sollen Ehrenamtler eingebunden werden? In wie weit dürfen Ehrenamtler selbständig entscheiden und walten? Wie sollen die Kirchen gehalten werden, an denen nicht verlässlich Sonntagsgottesdienst stattfindet?“ „Die Menschheit entwickelt sich permanent weiter, die Kirche geht diese Entwicklung nicht mit. Die Anpassung von Strukturen ist keine Entwicklung.“

 

„Es ist nicht zu fassen, dass das Erzbistum nicht mitbekommt, wie mühsam es, ist z. B. Ehrenamtliche für den PGR oder KV zu gewinnen. Das wir 1000 Ehrenamtler in Frechen haben, hätte ich nicht gedacht und genau diese Ehrenamtler werden ja vor den Kopf gestoßen. Ich frage mich, warum bei dem seit Jahren bekannten Priestermangel immer noch priesterzentriert gedacht wird und warum man funktionierende und identitätsstiftende Gemeinden nicht erhält, statt sie aufzulösen. Für aktive Katholiken bedeutet doch ihre Gemeinde Heimat und viele werden die Auflösung der Gemeinden

als schmerzlich erleben.“

 

Wie wird zukünftig die Definition „lebendige Gemeinde“ sein; Gemeinde, die eine „Daseinsberechtigung“ hat? Wann und mit welcher Größenzahl an Ehrenamtler/Gläubigen läuft Gemeinde Gefahr „abgewickelt“ zu werden, weil sie als nicht mehr lohnenswert betrachtet wird? Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind…. Wie lange wird das reichen?“

 

Jesus hat ein Kind in die Mitte gestellt. Im ganzen Film kam kein Kind vor!

Ein Jugendreferent „gehört nicht zur zugesicherten Grundausstattung“: ohne Ansprechpartner für die Jugendlichen, gehen sie der Kirche zu 100 % verloren. Wird der Pfarrer wirklich entlastet? Keine Wertschätzung für Ehrenamt! Wortgottesdienste am Sonntag sind nicht erlaubt!!! Wie wird entschieden, welche Kirche schließt? Sind unsere Zukunftswerkstätten vergebene Liebesmüh gewesen? “

 

Wie wird das Zielbild messbar? Feedbackkultur? Ein Zielbild lebt nur wenn alle Beteiligten es leben.“

 

Wer sich noch erinnert an den gemeinsamen Abend des Kardinals mit Vertretern der Gremien und Gruppierungen im Rahmen seiner Visitation im November 2017, dem wird vor allem die Aufbruchstimmung im Gedächtnis geblieben sein, die sich im Anschluss an dieses Treffen in unseren Gemeinden breit gemacht hat, nachdem erstmals vom Pastoralen Zukunftsweg die Rede war. Allen war klar, dass Veränderungen erforderlich sind, wenn Kirche in Frechen eine Zukunft haben soll.

Beflügelt von diesem Abend mit dem Kardinal haben sich viele aus unseren Gemeinden auf diesem Zukunftsweg aufgemacht, um zu überlegen, wie Zukunft in Frechen aussehen kann. Wir haben mehrere Veranstaltungen als Zukunftswerkstätten an den unterschiedlichen Gemeindeorten hier in Frechen durchgeführt. Viele haben sich in dieser Zeit beteiligt und ihre Überlegungen mit eingebracht. Vieles ist im Laufe dieses Prozesses neu entstanden, was Hoffnung macht, dass es um die Zukunft von Kirche in Frechen gut bestellt ist. Was den Teilnehmern bei dem Seelsorgebereichsforum am als Strukturreform vom Erzbistum vorgelegt worden ist, hat dann doch so manchem die Sprache verschlagen und viele Fragen aufgeworfen: Ist der „aktuelle Beratungsstand“, wie es in der Begleitpräsentation heißt, schon verbindlich? Können wir noch spürbaren Einfluss auf die weiteren Überlegungen nehmen? Wie passen die dem Konzept angeblich zugrundeliegenden Maximen – es soll ein geistlicher, vom Evangelium geprägter Weg sein; Denken und Handeln sollen geistlich, d.h. von Gott her erfolgen; wir müssen vom Menschen, also vom Adressaten her denken – mit dem zusammen, was sich uns als aktuelles Ergebnis darstellt?

 

Die Eucharistiefeier ist als integraler Bestandteil ein wesentliches Kriterium für die Gemeindeeigenschaft und doch soll es in Zukunft nur „an einigen Orten die sonntägliche Eucharistiefeier geben, wo die Menschen zusammenkommen.“ Es wird also Gemeinden geben, „wo wir nicht mehr regelmäßig die Eucharistie feiern“. Wortgottesdienstfeiern am Sonntag sind nach wie vor nicht erlaubt. Aus insgesamt 180 Seelsorgebereichen mit über 500 Gemeinden sollen 50 – 60 Pfarreien werden. Sämtliche Pfarreien sollen nach einem bestimmten Schlüssel, dessen Details noch beraten werden müssen, neu gegründet werden, was gleichzeitig bedeutet, dass alle bisher eigenständigen Kirchengemeinden in Frechen mit ihrem gesamten Vermögen in die jeweilige neue Pfarrei übergehen. Ein Hauptargument für diese einschneidenden Veränderungen lautet, dass die Verwaltungsaufgaben eines leitenden Pfarrers in einer Vielzahl von heute eigenständigen Pfarreien sehr komplex ist und entsprechend viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Zahl der Pfarreien müsse daher verkleinert werden, damit Pfarrer und Seelsorgeteam mehr Zeit für die Seelsorge haben. Dass mit der Verringerung der Anzahl der Pfarreien das zu betreuende Gebiet mit allem, was dazu gehört (Personal, Kindergärten etc.) größer wird und die Pfarreien dann vom Verwaltungsaufwand her mittelständischen Unternehmen ähnlich werden, ist ein Aspekt, der nach dem Eindruck der Teilnehmer noch gar nicht klar genug gesehen worden ist. Dankenswerterweise hat der Moderator sehr viel Raum für den Austausch und die Fragen zugelassen und nicht auf dem ursprünglichen Plan bestanden, drei Fragen formulieren zu lassen, um sie dann als Ergebnis der „Beteiligung vor Ort“ dem Erzbistum zurückzumelden. Viele Fragen wurden noch am Abend selbst schriftlich festgehalten und eingesammelt. Weitere Fragen stehen noch im Raum. Wegen der Bedeutung der Angelegenheit wird der Pfarrgemeinderat sich im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung mit Vertretern der Kirchenvorständen und Mitgliedern der Ortsausschüsse am kommenden Donnerstag ausnahmsweise während der Woche des Gebetes treffen und die Erkenntnisse aus dem Seelsorgebereichsforum sowie die noch offenen Fragen zusammentragen und eine Stellungnahme der Pfarreiengemeinschaft Frechen an das Erzbistum vorbereiten. Weitere Einzelheiten folgen. Helga Pöttinger 

Aus bisher 180 Seelsorgebereichen mit 500 Pfarreien sollen zukünftig 50-60 Pfarreien werden!

 

„Wahnsinn! Unfassbar! Da fehlen mir die Worte!“ –  Solche und ähnliche Reaktionen gab es als spontane Reaktionen in unserer Pfarreiengemeinschaft Frechen auf die jüngst in den öffentlichen Medien von der Bistumsleitung angekündigte Zusammenlegung von Seelsorgeeinheiten in kaum vorstellbarer Größenordnung. 

Dass es in diese Richtung gehen könnte, hatte sich in den vergangenen Monaten angedeutet. Dennoch blieb bei aller Unklarheit bisher noch die Hoffnung, dass vieles zwar von einigen angedacht, aber doch nicht ohne Beteiligung der Gemeinden entschieden sei….

„Obwohl die Beteiligung der Gemeinden im April Corona bedingt ausfiel, wurde an den Plänen zur Umstrukturierung weitergearbeitet und diese nun im Diözesanpastoralrat vorgestellt.“, so schrieb der Generalvikar im Juli: „Auch die Arbeit im Generalvikariat geht unter den veränderten Umständen weiter, und nicht zuletzt laufen die Überlegungen und Diskussionen in den verschiedenen Arbeitsgruppen der Aktuellen Etappe des Pastoralen Zukunftsweges weiter.“ – Jetzt ist die Katze aus dem Sack! Und wie kann es unter diesen Vorzeichen nun weiter gehen – wenn es kein Alleingang werden soll?

Es geht um die Zukunft unserer Gemeinden: Seelsorgebereichsforum am 16. September

Unter der bedeutungsvollen Überschrift „Gemeinsam nach vorne gehen. Der Pastorale Zukunftsweg vor Ort“ lädt das Erzbistum Köln zu einer Informationsveranstaltung, dem so genannten Seelsorgebereichsforum, ein, um die Pläne und Inhalte der Bistumsleitung vorzustellen. Der Termin für die Pfarreiengemeinschaft Frechen ist am Mittwoch, 16. September, von 19.00 bis 21.30 Uhr in der Kirche St. Maria Königin, Frechen. Alle Interessierten, besonders die Mitglieder des Pfarrgemeinderates und der Kirchenvorstände, sind dazu eingeladen. Aufgrund der aktuellen Lage melden Sie sich bitte bis Montag, 14. September, im Pastoralbüro (Tel. 99 100 oder b.mertes@kirche-in-frechen.de) zu dieser Veranstaltung an. Wir benötigen ihre Kontaktdaten, um eine Corona-Rückverfolgung zu ermöglichen und auch im Vorfeld die begrenzten Plätze zu vergeben.

Die ausführlichen Informationen des Erzbistum Köln dazu finden Sie unter zukunftsweg.koeln/#pfarreiderzukunft.

 

Geht diese Rechnung auf?

Nüchtern betrachtet lassen die Zahlen zukünftig folgendes Szenario erwarten:  Wenn es für 1.905.000 Katholiken im Erzbistum Köln 50-60 Pfarreien geben wird, dann gehören zukünftig zu jeder Pfarrei ca. 32.000 – 38.000 Katholiken. Diese Zahl erreicht keine Stadt im Rhein-Erft-Kreis, der aktuell rund 213.000 Katholiken zählt; Frechen hat z.Zt. 22.100 Katholiken. Weiter gerechnet ergibt sich daraus: (mindestens) 2 Städte werden zu einer Pfarrei zusammengefasst werden. Kann und darf es richtig sein, dass demnach aus den bisher 19 Seelsorgebereichen mit 87 Pfarrgemeinden zukünftig 5 neue Pfarreien werden, die jeweils von einem Pfarrer geleitet werden?

 

Es deutet sich die größte Strukturreform in der Geschichte der Kirche von Köln an! Das wirft bedrängend viele Fragen auf, die dringend gestellt und beantwortet werden wollen und müssen:

Ø  In welchem Maß passt als Überschrift für diesen Strukturprozess noch der postulierte Anspruch eines Geistlichen Prozesses?

Ø  Wie kommt der Dialog, von dem Kardinal Woelki spricht, in diesem Prozess heute  – und zukünftig in immer größeren Gebilden  – noch zustande?

Ø  Es ist klar, dass es Veränderungen geben muss. Aber gibt es durch größere Seelsorgeeinheiten mehr Priester?

Ø  Wer übernimmt und trägt dafür die Verantwortung?

Ø  Wie sind die Gemeindemitglieder, die Seelsorger/innen, die leitenden Pfarrer eingebunden in die weitere Entwicklung und Umsetzung der Pläne?

Ø  Wer entscheidet z.B. welche Kirche, welches Pfarrheim erhalten bleibt? Wie das Geld in den Pfarreien verteilt werden soll? 

 

Noch gibt es mehr Fragen als Antworten. Aber uns trägt die Gewissheit: Solange Fragen gestellt werden, besteht Hoffnung.