Jaqueline Scholl

Unverständnis, Fragen und Kritik nach „Seelsorgebereichsforum“ am 16.09.2020

Das Erzbistum Köln informiert z.Zt. die Pfarrgemeinden über die geplanten Strukturveränderungen.

 

Ausführliche Informationen finden Sie unter www.zukunftsweg.koeln/pfarrei-der-zukunft. So können Sie sich selbst ein Bild über die Zukunftspläne des Generalvikars machen: aus rund 500 Pfarrgemeinde in 180 Seelsorgebereichen sollen bis 2030 50-60 Pfarreien werden! Weitere Gedanken zum Thema auch unter www.kirche-in-frechen.de.

 

Viele Teilnehmende des sog. Seelsorgebereichsforums in St. Maria Königin äußerten deutliche Kritik, Skepsis und großes Unverständnis.

Es wurden zahlreiche Fragen gestellt, auf die es (noch) keine Antworten gibt. In den Pfarrnachrichten vom 20.09.2020 hat die PGR-Vorsitzende Helga Pöttinger über die Veranstaltung berichtet. PGR, Mitglieder der Ortsausschüsse und der Kirchenvorstände haben am Donnerstag – nach Druck dieser Ausgabe – weiter beraten. Ein Bericht folgt in der nächsten Ausgabe. Hier einige Zitate von interessierten und engagierten Gemeindemitgliedern aus der Pfarreiengemeinschaft Frechen:

 

„Ich bin einfach nur erschlagen und entsetzt, wenn ich an die Vorgaben / Ideen des Generalvikars denke… Wie stellt er sich das überhaupt vor??? Fragen über Fragen … und nur vage Antworten. Viele Dinge sind heute Abend angesprochen worden… aber es ist vieles noch offen. Ich persönlich bin sehr enttäuscht und frustriert… und muss die Gedanken und Ideen erst mal sacken lassen.“

 

„Die in der Diskussion aus dem Plenum vorgebrachten Sorgen und Befürchtungen sind schwerwiegend und müssen von der Bistumsleitung verstanden werden. Wer im Berufsleben steht, fühlt sich an das Agieren von Unternehmensleitungen erinnert, die ihre Firma sanieren müssen. Ich sehe bis jetzt wenig Unterschied zwischen unserem Zukunftsweg und solchen unternehmerischen Top-Down-Entscheidungen. Ob dies ein „geistlicher Prozess“ wird, muss sich erst noch zeigen. Wenn der Erzbischof das nächste Mal nach Frechen kommt und sich mit den Gremien trifft, sollte er weniger

reden und mehr zuhören.“

 

Die Kirche vor Ort ist Trägerin von Willkommenskultur. Sie hat ein Gesicht durch die Menschen, die vor Ort aktiv sind und die man vor Ort treffen kann. Dieses Gesicht und die persönlichen Beziehungen müssen erhalten bleiben. 

 

Jeder Rückzug aus der Fläche muss vermieden werden! Alle bewährten Gruppen, Projekte und Initiativen müssen erhalten und unterstützt werden. Wertschätzung für das bisher Geleistete ist dabei unverzichtbar. Es kann nicht unser Ziel sein, Gutes durch weniger Gutes zu ersetzen, nur um den neuen Strukturen Genüge zu tun.“

 

„Ich verstehe unter Evangelisierung etwas anderes als Strukturveränderung. Mit den Plänen aus Köln wird eher eine Entfremdung bewirkt. Das macht mir große Sorgen um die Zukunft unserer Kirche.“

 

„Nach der Instruktion, die im Juli aus Rom kam, hat sich mein Gefühl des „eigentlich steht in Köln schon alles und die Engagierten/Gläubigen sollen sich nur gehört fühlen“ nur enorm verstärkt. Dass das große Engagement der Ehrenamtlichen, wie Pfr. Dürig es über die Kirchenvorstände schreibt, nicht gewürdigt wird, entsetzt mich sehr und macht mich traurig. (…) Last but not least: ohne engagierte/gläubige Menschen keine Kirche. Vielleicht schaffen wir uns ja auf längere Sicht selber ab. Auch das kann eine – wenn auch für mich vollkommen unerwünschte – pastorale Zukunft sein. So

bleibe ich gespannt, wo der Weg gen 2030 hingeht.“ „Welche Punkte des Zielbildes bzw. der vorliegenden Vision lassen sich jetzt schon in der bestehenden Pfarreiengemeinschaft ausprobieren? M.E. gibt es bei aller Kritik auch Dinge, die weiter überlegt und versucht werden sollten. Z.B. neue Gemeindeformen zu entwickeln, ohne die bestehenden Gemeinden gleich „umzuschmeißen“ u.a.m. Wie kann der geistliche Aufbruch, von dem heute nur allgemein und wolkig gesprochen wurde, jetzt konkret in Frechen 2020 (oder 2021) aussehen? Vielleicht wissen wir dann bis 2030 mehr…“

 

„Das ganze Konzept basiert auf einer Mobilisierung von Ehrenamtlichen. Wo sollen die in den nächsten 10 Jahren herkommen? Die nächste Generation ist eher kirchenfern!“ „Wie sollen Ehrenamtler eingebunden werden? In wie weit dürfen Ehrenamtler selbständig entscheiden und walten? Wie sollen die Kirchen gehalten werden, an denen nicht verlässlich Sonntagsgottesdienst stattfindet?“ „Die Menschheit entwickelt sich permanent weiter, die Kirche geht diese Entwicklung nicht mit. Die Anpassung von Strukturen ist keine Entwicklung.“

 

„Es ist nicht zu fassen, dass das Erzbistum nicht mitbekommt, wie mühsam es, ist z. B. Ehrenamtliche für den PGR oder KV zu gewinnen. Das wir 1000 Ehrenamtler in Frechen haben, hätte ich nicht gedacht und genau diese Ehrenamtler werden ja vor den Kopf gestoßen. Ich frage mich, warum bei dem seit Jahren bekannten Priestermangel immer noch priesterzentriert gedacht wird und warum man funktionierende und identitätsstiftende Gemeinden nicht erhält, statt sie aufzulösen. Für aktive Katholiken bedeutet doch ihre Gemeinde Heimat und viele werden die Auflösung der Gemeinden

als schmerzlich erleben.“

 

Wie wird zukünftig die Definition „lebendige Gemeinde“ sein; Gemeinde, die eine „Daseinsberechtigung“ hat? Wann und mit welcher Größenzahl an Ehrenamtler/Gläubigen läuft Gemeinde Gefahr „abgewickelt“ zu werden, weil sie als nicht mehr lohnenswert betrachtet wird? Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind…. Wie lange wird das reichen?“

 

Jesus hat ein Kind in die Mitte gestellt. Im ganzen Film kam kein Kind vor!

Ein Jugendreferent „gehört nicht zur zugesicherten Grundausstattung“: ohne Ansprechpartner für die Jugendlichen, gehen sie der Kirche zu 100 % verloren. Wird der Pfarrer wirklich entlastet? Keine Wertschätzung für Ehrenamt! Wortgottesdienste am Sonntag sind nicht erlaubt!!! Wie wird entschieden, welche Kirche schließt? Sind unsere Zukunftswerkstätten vergebene Liebesmüh gewesen? “

 

Wie wird das Zielbild messbar? Feedbackkultur? Ein Zielbild lebt nur wenn alle Beteiligten es leben.“

 

Wer sich noch erinnert an den gemeinsamen Abend des Kardinals mit Vertretern der Gremien und Gruppierungen im Rahmen seiner Visitation im November 2017, dem wird vor allem die Aufbruchstimmung im Gedächtnis geblieben sein, die sich im Anschluss an dieses Treffen in unseren Gemeinden breit gemacht hat, nachdem erstmals vom Pastoralen Zukunftsweg die Rede war. Allen war klar, dass Veränderungen erforderlich sind, wenn Kirche in Frechen eine Zukunft haben soll.

Beflügelt von diesem Abend mit dem Kardinal haben sich viele aus unseren Gemeinden auf diesem Zukunftsweg aufgemacht, um zu überlegen, wie Zukunft in Frechen aussehen kann. Wir haben mehrere Veranstaltungen als Zukunftswerkstätten an den unterschiedlichen Gemeindeorten hier in Frechen durchgeführt. Viele haben sich in dieser Zeit beteiligt und ihre Überlegungen mit eingebracht. Vieles ist im Laufe dieses Prozesses neu entstanden, was Hoffnung macht, dass es um die Zukunft von Kirche in Frechen gut bestellt ist. Was den Teilnehmern bei dem Seelsorgebereichsforum am als Strukturreform vom Erzbistum vorgelegt worden ist, hat dann doch so manchem die Sprache verschlagen und viele Fragen aufgeworfen: Ist der „aktuelle Beratungsstand“, wie es in der Begleitpräsentation heißt, schon verbindlich? Können wir noch spürbaren Einfluss auf die weiteren Überlegungen nehmen? Wie passen die dem Konzept angeblich zugrundeliegenden Maximen – es soll ein geistlicher, vom Evangelium geprägter Weg sein; Denken und Handeln sollen geistlich, d.h. von Gott her erfolgen; wir müssen vom Menschen, also vom Adressaten her denken – mit dem zusammen, was sich uns als aktuelles Ergebnis darstellt?

 

Die Eucharistiefeier ist als integraler Bestandteil ein wesentliches Kriterium für die Gemeindeeigenschaft und doch soll es in Zukunft nur „an einigen Orten die sonntägliche Eucharistiefeier geben, wo die Menschen zusammenkommen.“ Es wird also Gemeinden geben, „wo wir nicht mehr regelmäßig die Eucharistie feiern“. Wortgottesdienstfeiern am Sonntag sind nach wie vor nicht erlaubt. Aus insgesamt 180 Seelsorgebereichen mit über 500 Gemeinden sollen 50 – 60 Pfarreien werden. Sämtliche Pfarreien sollen nach einem bestimmten Schlüssel, dessen Details noch beraten werden müssen, neu gegründet werden, was gleichzeitig bedeutet, dass alle bisher eigenständigen Kirchengemeinden in Frechen mit ihrem gesamten Vermögen in die jeweilige neue Pfarrei übergehen. Ein Hauptargument für diese einschneidenden Veränderungen lautet, dass die Verwaltungsaufgaben eines leitenden Pfarrers in einer Vielzahl von heute eigenständigen Pfarreien sehr komplex ist und entsprechend viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Zahl der Pfarreien müsse daher verkleinert werden, damit Pfarrer und Seelsorgeteam mehr Zeit für die Seelsorge haben. Dass mit der Verringerung der Anzahl der Pfarreien das zu betreuende Gebiet mit allem, was dazu gehört (Personal, Kindergärten etc.) größer wird und die Pfarreien dann vom Verwaltungsaufwand her mittelständischen Unternehmen ähnlich werden, ist ein Aspekt, der nach dem Eindruck der Teilnehmer noch gar nicht klar genug gesehen worden ist. Dankenswerterweise hat der Moderator sehr viel Raum für den Austausch und die Fragen zugelassen und nicht auf dem ursprünglichen Plan bestanden, drei Fragen formulieren zu lassen, um sie dann als Ergebnis der „Beteiligung vor Ort“ dem Erzbistum zurückzumelden. Viele Fragen wurden noch am Abend selbst schriftlich festgehalten und eingesammelt. Weitere Fragen stehen noch im Raum. Wegen der Bedeutung der Angelegenheit wird der Pfarrgemeinderat sich im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung mit Vertretern der Kirchenvorständen und Mitgliedern der Ortsausschüsse am kommenden Donnerstag ausnahmsweise während der Woche des Gebetes treffen und die Erkenntnisse aus dem Seelsorgebereichsforum sowie die noch offenen Fragen zusammentragen und eine Stellungnahme der Pfarreiengemeinschaft Frechen an das Erzbistum vorbereiten. Weitere Einzelheiten folgen. Helga Pöttinger 

Aus bisher 180 Seelsorgebereichen mit 500 Pfarreien sollen zukünftig 50-60 Pfarreien werden!

 

„Wahnsinn! Unfassbar! Da fehlen mir die Worte!“ –  Solche und ähnliche Reaktionen gab es als spontane Reaktionen in unserer Pfarreiengemeinschaft Frechen auf die jüngst in den öffentlichen Medien von der Bistumsleitung angekündigte Zusammenlegung von Seelsorgeeinheiten in kaum vorstellbarer Größenordnung. 

Dass es in diese Richtung gehen könnte, hatte sich in den vergangenen Monaten angedeutet. Dennoch blieb bei aller Unklarheit bisher noch die Hoffnung, dass vieles zwar von einigen angedacht, aber doch nicht ohne Beteiligung der Gemeinden entschieden sei….

„Obwohl die Beteiligung der Gemeinden im April Corona bedingt ausfiel, wurde an den Plänen zur Umstrukturierung weitergearbeitet und diese nun im Diözesanpastoralrat vorgestellt.“, so schrieb der Generalvikar im Juli: „Auch die Arbeit im Generalvikariat geht unter den veränderten Umständen weiter, und nicht zuletzt laufen die Überlegungen und Diskussionen in den verschiedenen Arbeitsgruppen der Aktuellen Etappe des Pastoralen Zukunftsweges weiter.“ – Jetzt ist die Katze aus dem Sack! Und wie kann es unter diesen Vorzeichen nun weiter gehen – wenn es kein Alleingang werden soll?

Es geht um die Zukunft unserer Gemeinden: Seelsorgebereichsforum am 16. September

Unter der bedeutungsvollen Überschrift „Gemeinsam nach vorne gehen. Der Pastorale Zukunftsweg vor Ort“ lädt das Erzbistum Köln zu einer Informationsveranstaltung, dem so genannten Seelsorgebereichsforum, ein, um die Pläne und Inhalte der Bistumsleitung vorzustellen. Der Termin für die Pfarreiengemeinschaft Frechen ist am Mittwoch, 16. September, von 19.00 bis 21.30 Uhr in der Kirche St. Maria Königin, Frechen. Alle Interessierten, besonders die Mitglieder des Pfarrgemeinderates und der Kirchenvorstände, sind dazu eingeladen. Aufgrund der aktuellen Lage melden Sie sich bitte bis Montag, 14. September, im Pastoralbüro (Tel. 99 100 oder b.mertes@kirche-in-frechen.de) zu dieser Veranstaltung an. Wir benötigen ihre Kontaktdaten, um eine Corona-Rückverfolgung zu ermöglichen und auch im Vorfeld die begrenzten Plätze zu vergeben.

Die ausführlichen Informationen des Erzbistum Köln dazu finden Sie unter zukunftsweg.koeln/#pfarreiderzukunft.

 

Geht diese Rechnung auf?

Nüchtern betrachtet lassen die Zahlen zukünftig folgendes Szenario erwarten:  Wenn es für 1.905.000 Katholiken im Erzbistum Köln 50-60 Pfarreien geben wird, dann gehören zukünftig zu jeder Pfarrei ca. 32.000 – 38.000 Katholiken. Diese Zahl erreicht keine Stadt im Rhein-Erft-Kreis, der aktuell rund 213.000 Katholiken zählt; Frechen hat z.Zt. 22.100 Katholiken. Weiter gerechnet ergibt sich daraus: (mindestens) 2 Städte werden zu einer Pfarrei zusammengefasst werden. Kann und darf es richtig sein, dass demnach aus den bisher 19 Seelsorgebereichen mit 87 Pfarrgemeinden zukünftig 5 neue Pfarreien werden, die jeweils von einem Pfarrer geleitet werden?

 

Es deutet sich die größte Strukturreform in der Geschichte der Kirche von Köln an! Das wirft bedrängend viele Fragen auf, die dringend gestellt und beantwortet werden wollen und müssen:

Ø  In welchem Maß passt als Überschrift für diesen Strukturprozess noch der postulierte Anspruch eines Geistlichen Prozesses?

Ø  Wie kommt der Dialog, von dem Kardinal Woelki spricht, in diesem Prozess heute  – und zukünftig in immer größeren Gebilden  – noch zustande?

Ø  Es ist klar, dass es Veränderungen geben muss. Aber gibt es durch größere Seelsorgeeinheiten mehr Priester?

Ø  Wer übernimmt und trägt dafür die Verantwortung?

Ø  Wie sind die Gemeindemitglieder, die Seelsorger/innen, die leitenden Pfarrer eingebunden in die weitere Entwicklung und Umsetzung der Pläne?

Ø  Wer entscheidet z.B. welche Kirche, welches Pfarrheim erhalten bleibt? Wie das Geld in den Pfarreien verteilt werden soll? 

 

Noch gibt es mehr Fragen als Antworten. Aber uns trägt die Gewissheit: Solange Fragen gestellt werden, besteht Hoffnung.